Die Gräber der Verdammten ist ein historischer Kriminalroman von Christopher J. Sansom mit einem sehr ordentlichen Umfang von 992 Seiten. Zwischendurch mag ich diese dicken Schinken und historischer Stoff bietet sich da meine Meinung nach geradezu an. Ich finde auch gerade in diesen sehr merkwürdigen Zeiten, die wir im Moment haben, beruhigen mich diese historischen Stoffe irgendwie – vielleicht, weil ich nochmal erkennen kann, wieviel besser es uns mittlerweile geht.
Die Gräber der Verdammten
Christopher J. Sansom
Sommer 1549: In England gewinnt das Chaos immer mehr die Oberhand. Die Wirtschaft bricht zusammen, die Inflation tobt, hungernde Bauern rebellieren gegen ihre Herren und radikale Protestanten versuchen auch noch den letzten Rest Katholizismus auszumerzen. In diesen unruhigen Zeiten steht Matthew Shardlake als Rechtsanwalt und Beraten in den Diensten von Elizabeth, der jüngeren Tochter Heinrichs VIII., der späteren Königin Englands. Dann bricht unter der Führung des jungen Rebells Robert Kett in Norwich ein blutiger Aufstand aus. Sharlake stellt Untersuchen an und entdeckt Hinweise darauf, die besseren Kreise in Norwich die Aufständischen eifrig unterstützen.
Ich befand mich in meiner Kanzlei in Lincoln’s Inn, als Master Parry mir durch einen Boten mitteilen ließ, ihn eilig aufzusuchen. Ich fragte mich, was wohl auf mich zukäme. Parry war Lady Elizabeths Comptroller, ihm oblagen die Finanzangelegenheiten ihres Haushalts, und ich war unter seiner Ägide tätig, seit unsere Königin, Catherine Parr, mich vor zwei Jahren, nach dem Ableben ihres Gemahls Heinrichs VIII., ihrer Stieftochter Elizabeth empfohlen hatte. Die Gräber der Verdammten, Prolog
Mein Eindruck:
Was waren nochmal die guten, alten Zeiten?
Bekannte Namen
Die Gräber der Verdammten ist zwar nicht meine erstes Buch von Sansom, aber mein letztes von ihm ist schon sehr, sehr lange her. Allerdings habe ich schon diverse andere Bücher oder Filme über die betreffende Zeit gelesen bzw. gesehen, so dass mich die Vielzahl an handelnden Personen nicht mehr so erschrecken konnte.Auch einige der Namen sagten mir durchaus etwas, was mir ein bisschen half.
Matthew Shardlake
Die Vielzahl an Charakteren wird von Sansom geschickt durch das Verweben ihrer Schicksale untereinande und das Einflechten des Ganzen in reale historische Geschehnisse zum Leben erweckt. Aber am meisten glänzt in diese Geschichte natürlich Matthew Shardlake. Er ist ein sanftmütiger Mensch mittleren Alters, dem seine körperliche Beeinträchtigung, er hat einen Buckel, immer mehr zu schaffen macht. Immer wieder folge ich seinen um seine Gesundheit kreisenden Gedanken.
Beziehungen
Im Laufe seiner Karriere hat er Menge Beziehungen entwickelt, die ihm immer wieder weiterhelfen. Er kennt einen ehemaligen Diener genausogut wie einen Adeligen und dank seiner Integrität sind auch alle immer gewillt ihm zu helfen. Sein Gefühl für das moralische Gleichgewicht und seine Intelligenz retten ihn, und damit auch seine neue Herrin, aus diversen kleineren und größeren Katastrophen. Aber gerade in dieser Geschichte gerät er oft an seine Grenzen und ich hoffe mit ihm, dass er alles gut übersteht.
Loyalität
Die Gräber der Verdammten verfolgt überwiegend die Entwicklung des Aufstands und die täglichen Aktivitäten der Aufständischen. Shardlake kann nicht leugnen, das er gewisse Sympathien für die Gründe und die Ziele des Aufstandes hat – was ihn immer wieder in einen Gewissenskonflikt bringt. Gerade ihm sind ja Loyalität und Verlässlichkeit sehr wichtig und seine Überzeugungen werden in diesem Buch auf eine harte Probe gestellt.
Eindrucksvoll
Mit eindrucksvollen Beschreibungen der Umgebung, der Verhältnisse und einzelner Personen schafft es Sansom mich quasi in das Jahr 1549 hineinzuziehen. Ich kann beinahe riechen, wie es in den Straßen stinkt und ich kann die Verzweiflung der Bürger über die Ungerechtigkeiten ihrer Zeit fast fühlen. Das ist genau das, was ich an guten historischen Romanen so liebe.
Motive
Zeitgleich sorgt Sansom aber auch dafür, dass ich den Kriminalfall in diesem Buch nicht vergesse, der sich zu einem veritablen Komplott ausweitet. Um diesen einen ursprünglichen Mord zu vertuschen wurden nach und nach noch weitere Morde begangen und die Liste der Verdächtigen ist verdammt lang. Am Ende des Buches wird der Fall natürlich gelöst und das Motiv, dass hinter den Morden steckt, wird für etliche Beteiligte schwerwiegende Konsequenzen haben.
Tolles Buch
Mich hat dieses Buch von Christopher J. Sansom wirklich begeistert und wieder einmal nehme ich mir vor, weitere Bücher aus dieser Reihe zu lesen. Ich liebe die Art, wie historisches und fiktives miteinander verbunden wird, aber auch wie die vermeintlich gute alte Zeit ziemlich realistisch geschildert wird. Die Diskussion über die Kluft zwischen Arm und Reich ist bis heute aktuell – so ganz viel haben wir in den letzten Jahrhunderten dann wohl doch nicht gelernt.
Mein Fazit:
Die Gräber der Verdammten von Christopher J. Sansom ist ein wunderbares Buch für alle, die historisches und kriminelles Geschehen in der Literatur lieben. Ich finde es gut recherchiert, mit ausführlichen Beschreibungen und einer spannenden Krimihandlung – ein wirklich empfehlenswertes Buch.
- Titel: Die Gräber der Verdammten
- Autor: Christopher J. Sansom
- Originaltitel: Tombland
- Übersetzer: Irmengard Gabler
- Verlag: btb Verlag
- Genre: historischer Krimi
- Erscheinungsjahr: 2020
- ISBN: 978-3-596-70494-1
- Form: TB, 992 Seiten
- Pforte der Verdammnis
- Feuer der Vergeltung
- Der Anwalt des Königs
- Das Buch des Teufels
- Der Pfeil der Rache
- Die Schrift des Todes
- Die Gräber der Verdammten