Lautloses Duell von Jeffery Deaver ist kein, wie der deutsche Titel beinahe vermuten lässt, alter Western im Stile von High Noon. Ganz im Gegenteil er befasst sich mit ganz modernen Dingen, wie der digitalen Welt und deren Chancen und Risiken. Wobei man hier auf jeden Fall beachten muss, dass das Original 2001 erschienen ist – also in Computerjahren knapp hinter der Dinosauriern. Vieles im Buch hat sich mittlerweile überholt oder was damals als Zukunftsmusik galt ist heute längst Realität. Also dann doch wieder ein bisschen mehr High Noon.
Lautloses Duell
Wyatt Gilette und Jon Holloway waren Kollegen, genauer gesagt Hackerkollegen. In den frühen Zeiten des World Wide Web waren sie im Netz unterwegs und nutzten gerne mal Schwachstellen aus um zu zeigen, was sie so drauf haben.Gilette hackte nur um des hackens willen, aber trotzdem wurde daraus eine Sucht, die ihn am Ende ins Gefängnis brachte. Jon Holloway, der sich im Netz “Phate” – also Schicksal – nennt, war ein ganz anderes Kaliber. Er hackt um zu zerstören und um Zwietracht zu säen und wandelt sich nach und nach zu einem ganz realen, brutalen Serienkiller. Die Behörden kommen ihm nicht auf die Schliche, deshalb wird sein alter Weggefährte Wyatt Gilette mit ins Boot geholt, der dann auch wirklich Erfolg hat…
Wyatt Gillette war neunundzwanzig Jahre alt, eins fünfundachtzig groß, wog etwas über siebzig Kilo und hatte ein so hageres Gesicht, dass man bei seinem Anblick unwillkürlich dachte, jemand sollte ihn mal ordentlich aufpäppeln. Lautloses Duell, S. 18
Mein Eindruck:
Spuren und Spurensicherung – alles digital…
Silicon Valley
Im Silicon Valley häufen sich die Todesfälle und sie sind nicht auf natürliche Gründe zurückzuführen. Die Polizei scheint rat- und machtlos zu sein, bis sich Thomas Anderson, Leiter der „California State Police Computer Crimes Unit“ (CCU), die sich speziell mit Fällen von Computer-Kriminalität beschäftigt, einschaltet. Aber obwohl er auf der richtigen Fährte ist braucht er dringend Hilfe um “Phate” zu stellen.
Phate
Diese Hilfe holt er sich recht unkonventionell Hilfe, indem er dem Hacker Gilette einen Deal anbietet. Gillette sitzt in Haft, weil er den Sicherheitsschlüssel des Pentagon geknackt hat. Da Anderson den Deal ohne Erlaubnis der Behörden angeboten hat, bekommt er reichlich Stress. Tatsächlich gelingt es Gillette und Anderson “Phate” hervorzulocken – aber die Sache geht so richtig schief und Anderson wird von “Phate” erstochen. Detective Frank Bishop rückt an Andersons Platz.
Digitale Welt
Lautloses Duell, der Originaltitel lautet ja The Blue Nowhere, was viel passender ist, ist auf mehrere Arten recht spannend. Mich hat sicher am meisten fasziniert, wie deutlich hier der Wandel in der digitalen Welt ist – vor allem wie schnell dieser Wandel sich vollzieht. Ein ganzer Teil, der Firmennamen die Deaver in die Geschichte einstreut, um die Authentizität zu erhöhen, haben sich schon lange erledigt. Eine ganze Reihe von ihnen ist mit der Dotcom-Blase geplatzt. Andere, heute riesige Konzerne, kannte man damals kaum – und damals war erst 2001!
Fehlende Spuren
Des Weiteren hat mich Deavers Abkehr von allen seinen bisherigen Grundsätzen beim schreiben eines Thrillers beeindruckt. Galt bisher das Prinzip, keine Tat bleibt ohne Spuren, gibt es hier kaum einen Tatort, also auch keine Tatortuntersuchung. Alles wird in irgendeiner Form per Tastendruck erledigt, allerdings ist das viel spannender, als sich hier so anhört. Da er aber Jeffery Deaver aber kaum falsche Spuren legen kann, versucht er es mit einer hohen Zahl an Verdächtigen. Allerdings führt das eher zu Verwirrung als zu Spannung.
Auflösung
Die Auflösung fand ich dann sowas von unglaubwürdig, dass es schon beinahe wieder genial war. Einblicke in das Leben von “Geeks” und “Nerds” erinnern ein bisschen an “The Big Bang Theory” und haben sicher auch schon 2001 Spaß gemacht. Ich fühlte mich – trotz der schwachen Auflösung – gut unterhalten. Immerhin ist das schon mehr, als so manches anderes Buch hinbekommt und ein bisschen “guilty pleasure” darf sich ein erfolgsverwöhnter Autor wie Jeffery Dreaver auch mal gönnen.
Mein Fazit:
Lautloses Duell ist vielleicht nicht Deavers bestes Buch, aber es unterhält und ist spannend. Vielleicht sollte man auch nicht immer mehr erwarten.
- Titel: Lautloses Duell
- Originaltitel: The Blue Nowhere
- Autor: Jeffery Deaver
- Übersetzer: Gerald Jung
- Erzähler: Dietmar Wunder
- Verlag: Random House Audio
- Genre: Thriller
- Erscheinungsjahr: 2017
- ISBN: 978-3-8371-3914-3
- Form: Hörbuch, ungekürzt, ca. 14 Std 7 Min
- Preis:29,95 € als Download