Der Tod so kalt hat sich dank seines einerseits schlichtem und trotzdem plakativen Covers und seines neugierig machenden Rückentextes in mein Bücherregal geschlichen. An sich steh ich nämlich so gar nicht auf Schnee und Eis – ich bin eine ausgesprochene Frostbeule.
Der Tod so kalt
Luca D’Andrea
Jeremiah Salinger ist ein junger Amerikaner mit deutschen Wurzeln, der zusammen mit einem Kollegen einen Dokumentarfilm über die eher selten beachteten Helfer bei Konzerttourneen, die Roadies, dreht. Das ganze wird ein Riesenerfolg und bei einer Filmvorführung lernt er dann Annelise Mair, eine Austausch-Studentin kennen. Wie das Leben so spielt – man verliebt sich, heiratet und bekommt ein Baby. Irgendwann beschließen sie eine Weile in Annelises Heimatdorf Siebenhoch zu verbringen, dort lernt Jeremiah seinen Schwiegervater Werner näher kennen. Eines Abends erzählt Werner Jeremiah von den Anfängen der Bergrettung, an der er maßgeblich beteiligt war. Jeremiah ist begeistert und sofort entwickelt er die Idee, die Sache zu verfilmen. So nehmen er und sein Kollege Mike an Rettungsflügen teil, um alles zu filmen, bis ein tragischer und folgenschwerer Unfall passiert…
Ich fing an zu taumeln, keuchend, mit blutleeren Gliedern. Wie Jonas im Bauch des Walfisches stand ich allein vor Gott. Der Tod so kalt, S. 7
Mein Eindruck:
Ich bleibe bei meiner Abneigung gegen Kälte …
PTBS
Nach dem oben erwähnten Unfall wird bei Jeremiah Salinger eine posttraumatische Belastungsstörung entdeckt, die allerdings lediglich mit ein paar Tabletten, die er nicht einmal nimmt, behandelt wird. Ich frage mich, warum niemand auf die Idee gekommen ist, ihm eine begleitende Therapie zu verordnen? Wäre das nicht der übliche Weg? Die posttraumatische Störung ruft bei ihm schlimme Alpträume hervor, die er versucht, durch eine neue thematische Ablenkung zu verdrängen. Er hört vom sog. „Bletterbach-Massaker“ und versucht der Sache auf den Grund zu gehen.
Zu neugierig
In einem kleinen Dorf wie Siebenhoch mach man sich damit nicht unbedingt Freunde, das merkt Jeremiah Salinger auch schnell. Nicht nur, dass niemand mit ihm darüber reden will – immer wieder wird ihm auch ganz handfest klar gemacht, dass er seine Nase aus dieser Sache raushalten soll. Selbige wird ihm dafür auch schon mal blutig geschlagen. Seine Besessenheit zu diesem Thema wächst immer weiter, so dass er beginnt, dafür selbst seine Ehe aufs Spiel zu setzen. Aber trotz aller Widerstände erfährt er doch so nach und nach immer mehr über dieses eigenartige Massaker – nur die Frage nach dem Täter bleibt weiter offen.
Pausenfüller
Grundsätzlich ist Der Tod so kalt eine spannende Geschichte, die man meiner Meinung nach aber auf deutlich weniger Seiten hätte unterbringen können. Ganz viele Passagen, die sich zum Beispiel um seine Tochter drehten waren mir zu langatmig und brachten die Geschichte nicht weiter – weshalb ich sie dann irgendwann quergelesen habe. Ebenso fand ich den merkwürdigen „tatverdächtigen“ Dinosaurier ziemlich überzogen und deplatziert – auch wenn er vermutlich letztendlich nur Salingers PTBS entsprungen ist. Ein schlecht gemachter Anflug von Fantasy, der die Geschichte ebenfalls nicht voran brachte, sondern mir mehr den Eindruck eines Pausenfüllers vermittelte.
Flüssig geschrieben
Dabei hatte die Geschichte das gar nicht nötig, denn abgesehen von den erwähnten Passagen, fand ich den Schreibstil flüssig und sehr gut lesbar, kurze Kapitel sorgten für genügend Tempo und die Grundgeschichte ist für sich, ganz ohne Dinos, schon geheimnisvoll genug. Über gelegentliche Logikfehler kann man sicherlich streiten, aber ich konnte ganz gut darüber hinwegsehen. Wirklich ansprechend fand ich dagegen die Beschreibungen der Bergwelt und des Dorfes, die mir ein gutes Bild der Umgebung vermittelt haben.
Mein Fazit:
Der Tod so kalt beweist, dass gut gemeint nicht immer gut gemacht beduetet. Durch zu viele langatmige Passagen, die nichts mit der Geschichte zu tun hatten, ging mir ein bisschen die Spannung verloren.
- Titel: Der Tod so kalt
- Originaltitel: La sostanza del male
- Autor: Luca D‘Andrea
- Übersetzer/in: Verena von Koskull
- Verlag: Penguin Verlag
- Genre: Krimi/Thriller
- Erscheinungsjahr: 2017
- ISBN: 978-3-421-04759-5
- Form: gebunden, 480 Seiten
- Preis: 14,99 €