Der Puppenmacher von Philipp Gurt handelt im Jahre 1952 – also durchaus ein historischer Krimi, oder? Der Handlungsort ist in der Schweiz, genauer gesagt in Chur, der Hauptstadt des Kantons Graubünden. Ich war selber noch nie in der Schweiz, habe aber vor einiger Zeit schon einen Krimi von dort gelesen und rezensiert. Ich weiß gar nicht woran es liegt, aber die Schweiz ist in meiner Lesestatistik deutlich unterrepräsentiert.
Der Puppenmacher
Landjäger Caminada 3
Philipp Gurt
Graubünden 1952 – Dem Knecht Toni fällt in der Nacht siedendheiß ein, dass er die nagelneue Sense seines Chefs am Berghang vergessen hatte. Er hätte dort mähen sollen, war aber stattdessen nach dem Mittagspause eingeschlafen und in der späteren Hektik hat er sie dann liegen lassen. Doch der Bauer bemerkte sein Missgeschick natürlich und schickte ihn in der nächtlichen Dunkelheit auf den Weg, dass gute Stück rasch zu holen, als er mitten im Rheinwald einen gellenden Schrei hört. Er geht in die Richtung aus der er den Schrei gehört hat und findet eine tote Frau, die wie eine Puppe hergerichtet ist. Plötzlich ertönt noch ein weiterer Schrei …
Toni, der Knecht, war wütend und das zu Recht wie er fand. Er schimpfte über den alten Bauern Prevost, denn dieser verreckte Khaib hatte ihn in der Dunkelheit losgeschickt, und zwar genau in dem Moment, als er sich in der Kammer hingelegt hatte. Der Puppenmacher, S. 7
Mein Eindruck:
Ruhiger, aber spannender Krimi
Opfer
Der Puppenmacher ist bereits der dritte Band um den Landjäger Walter Caminada der mit seinem relativ neu ins Amt berufenen Erkennungsfunktionär Peter Marugg sich daran macht, das Rätsel um die toten Frauen zu lüften. Zuerst müssen die beiden mal die Identität der ersten, aber auch der kurz darauf gefundenen zweiten Leiche klären. Nachdem sie die erste Tote als Freya von Planta, eine sehr aktive und entsprechend unbeliebte Frauenrechtlerin identifiziert haben, schwant ihnen, dass es viel böses Blut geben wird.
Frauenwahlrecht
Das eben jene Frau von Planta ganz vehement für das Frauenwahlrecht eintritt und sich damit viele Feinde gemacht hat, hat mich auf den ersten Blick verwundert. Für mich ist vollkommen selbstverständlich als Frau zu wählenl – aber 1952 war das in der Schweiz noch nicht so. In Deutschland gibt es das Frauenwahlrecht schon seit 1918, in der Schweiz seit 1971 – kaum vorstellbar, oder? Aber immerhin haben sie es jetzt, dafür haben die Bürger in der Schweiz vielmehr Möglichkeiten direkt etwas an und in der Polotik zu ändern.
Alte Geschichten
Vieles in dem vorliegenden Fall dreht sich um den Kampf für dieses Frauenwahlrecht und den Widerstand dagegen, aber es ist nicht der Hauptbestandteil dieses Krimis. In einem zweiten Erzählstrang geht es um eine sehr tragische Familiengeschichte die sich einige Jahrzehnte vor 1952 abgespielt hat. Dass diese alte Geschichte mir dann auch den Täter im vorliegenden Fall liefert, ist als geübte Krimileserin keine wirkliche Überraschung gewesen. Trotzdem gab es auch hier so manchen Überraschungseffekt.
Dialekt
Ein bisschen Schwierigkeiten habe ich mit den vielen Begriffen gehabt, die anscheinend zum ortsspezifischen Dialekt gehören. Das meiste konnte ich mir aus dem Zusammenhang heraus zusammenreimen, aber der Sinn des einen oder anderen Wortes blieb mir ein Rätsel. Dafür habe ich aber die ruhige, beinahe bedächtige, Erzählweise von Philipp Gurt sehr genossen und konnte die fehlenden Begriffe locker verschmerzen.
Mein Fazit:
Der Puppenmacher von Philipp Gurt ist ein eher ruhiger, aber trotzdem recht spannender, Krimi aus dem Schweizer Kanton Graubünden. Ich musste mich erst ein bisschen an den Dialekt gewöhnen, dann fand ich aber, dass das der Geschichte durchaus guttut.
- Titel: Der Puppenmacher
- Autor: Philipp Gurt
- Verlag: Kampa Verlag
- Genre: Krimi
- Erscheinungsjahr: 2021
- ISBN: 978-3-311-12040-7
- Form: TB, 336 Seiten
- Preis: 16,90 €
- Chur 1947
- Helvetia 1949
- Der Puppenmacher
Chur ist nicht ein Städtchen in der Nähe von Graubünden sondern im Kanton Graubünden dessen Hauptstadt. Bitte um Änderung.
Vielen Dank für den freundlichen Hinweis – ich habe den Text entsprechend geändert.