Krimi/Thriller
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[Rezension] Die Toten der North Ganson Street

Die Toten der North Ganson Street

Die Toten der North Ganson Street wurde mir freundlicherweise vom Suhrkamp Verlag  als  Leseexemplar zur Verfügung gestellt. Schon das Cover macht deutlich, dass dieser Thriller kein gewöhnlicher Thriller ist und das es hier um nicht sonderlich nett zugeht.

Die Toten der North Ganson Street

S. Craig Zahler

Nach einem mehr als unerfreulichen Zwischenfall in seinem bisherigen Polizeirevier im warmen Arizona, wird Jules Bettinger ins sehr kalte Missouri strafversetzt. Dort angekommen stellt er schnell fest, dass dort nicht nur das Wetter unfreundlich und kalt ist. Die dortige Polizei ist mit der Anzahl der Straftaten vollkommen überfordert und versucht eigentlich nur noch, die schlimmsten halbwegs aufzuklären. Aber selbst das funktioniert nicht besonders gut. Bettinger wird Dominic Williams als neuer Partner zugeteilt, der frisch degradiert wurde. Da Bettinger im Dienstgrad über diesem steht, muss er die Führung übernehmen, was Williams so gar nicht passt. Ihr erster Fall, den sie gemeinsam bearbeiten müssen ist der brutale Mord an einer Prostituierten.

Bald hatten sie Shitopia hinter sich gelassen und kamen nach Toilet, wo die bleiche Sonne die von Schlaglöchern  übersäten Straßen und die mittellosen Leute in ein urinfarbenes Licht tauchte. Die Toten der North Ganson Street, S. 79

Mein Eindruck:

Verloren im Nirgendwo

Willkommen in der Hölle

Nach dem Selbstmord eines hilfesuchenden Mannes, der zufällig mit dem Bürgermeister verwand war,  auf seinem Polizeirevier wird Jules Bettinger strafversetzt. Sein neuer Wirkungsort heißt Victory liegt geografisch in Missouri, könnte aber auch genauso gut am Ende Welt liegen – oder besser vielleicht gleich unter der Welt. Victorys Ruf ist so schlecht, dass Bettinger als Wohnort für seine Familie den Ort Stonesburg wählt, der gut 80 Meilen entfernt liegt. Auch sein neues Polizeirevier genießt keinen guten Ruf und Bettinger versucht herauszufinden, woran das liegt.

Schlechter als der Ruf

Relativ schnell wird klar, dass der schlechte Ruf Victorys nicht unbegründet ist. Die Kriminalitätsrate übersteigt jede Vorstellung, die Polizei ist chronisch unterbesetzt und ebenso  chronisch demotiviert Sie ist weit davon entfernt  Herr der Lage zu sein  und gilt nicht nur als äußerst brutal – sie ist es auch. Bettinger ist aber nicht nur über die Brutalität seiner neuen Kollegen entsetzt, sondern auch über die Stadt als solches. Verlassene Gebäude, aufgerissene Straßen, Müll und Verwüstung, wohin das Auge blickt und Menschen, die das alles längst als gegeben hinnehmen, weil ihnen jede Perspektive fehlt.

Erkenntnis

Trotzdem bemüht er sich den Mord an der Prostituierten aufzuklären, wobei sein neuer Partner kaum eine Hilfe ist, sondern eher das Gegenteil.  Tatsächlich macht Bettinger  aber dabei auch Fortschritte, aber dann überschlagen sie die Ereignisse.  Zwei Kollegen werden ermordet und verstümmelt und setzen einen  Startpunkt für eine ganze Serie an Polizistenmorden. Im Zuge der Ermittlungen daran erfährt Bettinger dann auch, was genau zu Williams Degradierung geführt hat und zu seinem eigenen Erstaunen hat er sogar ein gewisses Verständnis, für das,  was die Kollegen seinerzeit getan haben.

Welle der Gewalt

Im Laufe der Ereignisse weitet sich die Welle der Gewalt immer weiter aus, es bleibt nicht bei den zwei ermordeten Polizisten  und auch Bettingers Familie bleibt nicht verschont. An diesem Punkt wechselt dann auch Bettinger die Seiten und schließt sich dem Rachefeldzug seiner Kollegen an. Hatte er bisher Selbstjustiz abgelehnt, hat nun nur noch ein Ziel – die, die seiner Familie zu nahe gekommen sind, müssen bluten. Gemeinsam machen sie sich auf den Weg in die „Heaps“ – ein Stadtteil, noch verlassener und noch verkommener, als der Rest von  Victory.

Dystopische Welt

Die Toten der North Ganson Street  ist brutal, böse, zynisch, apokalyptisch  – aber vor allem auch sehr spannend. Dank des Schreibstils von S. Craig Zahler fühle ich mich tatsächlich in das bitterkalte und schmutzige (fiktive) Victory versetzt. Eigentlich ist das Buch eher eine Dystopie, als ein Thriller – finde ich jedenfalls. Es zeigt auf, wo die Gesellschaft mit Rassismus, Perspektiv – und Empathielosigkeit, Korruption und Kriminalität hindriften kann. Die Tauben, die immer wieder tot vom Himmel fallen und deren Kadaver in den Straßen von Victory allgegenwärtig  sind, verdeutlichen für mich, dass das Gute in diesem Szenario, dieser fiktiven Welt,  ausstirbt.

Mein Fazit:

Die Toten der North Ganson Street ist ein sehr außergewöhnlicher Thriller,  der ein böses und zynisches Bild unserer zukünftigen Welt zeigt – einer Welt, ich der ich nicht leben möchte. Kein klassischer Thriller, aber auf jeden Fall sehr sehr lesenswert.

Buchinfos
  • Titel: Die Toten der North Ganson Street
  • Originaltitel: Mean Business On North Ganson Street
  • Autor: S. Craig Zahler
  • Übersetzer/in: Katrin Mrugalla und Richard Betzenbichler
  • Verlag: Suhrkamp
  • Genre: Thriller
  • Erscheinungsjahr: 2016
  • ISBN: 978-3-518-46693-3
  • Form: TB,  495  Seiten
  • Preis: 9,99 €  

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