Der fünfte Tag von Jake Woodhouse handelt in Amsterdam und ich mag Amsterdam, denn die Stadt ist so viel mehr als nur Coffeeshops. Es hat Atmosphäre, Geschichte und viele hübsche verträumte Grachten und es macht wirklich viel Spaß durch Amsterdam zu spazieren. Deshalb dachte mir, als ich die Ankündigung für Der fünfte Tag las, dass ich diesen Thriller unbedingt lesen muss. Ich kenne jedenfalls nicht so viele Krimis oder Thriller, die in Amsterdam beheimatet sind und war entsprechend neugierig.
Der fünfte Tag
Jake Woodhouse
Der Tag nach Neujahr ist knackig kalt und Jaap Rykel wird zu einem neuen Fall gerufen. Eine Leiche hängt aus dem Fenster eines Wohnhauses und schnell ist klar, dass es sich hier um Mord handelt. Zeitgleich brennt in Friesland ein Bauernhaus nieder und die Feuerwehr findet zwei verkohlte Leichen darin. Die ermittelnde Beamtin entdeckt aber noch etwas, eine kleine Puppe – ein Hinweis auf ein Kind, das offenbar spurlos verschwunden ist. Im Laufe der Ermittlungen stellt sich heraus, dass beide Fälle etwas miteinander zu tun haben.
Mein Eindruck
Gut gemeint ist meist das Gegenteil von gut gemacht.
Geschüttelt, nicht gerührt
Ich hatte so ein bisschen den Eindruck, der Autor hat sich überlegt, was in letzter Zeit bei Thrillern so alles zum Verkaufserfolg geführt hat, hat alles in eine große Kiste gepackt, kräftig geschüttelt und dann nachgesehen was dabei raus kommt. Aus diesen bunten Zutaten hat er dann seinen Thriller geschrieben – wobei, gibt es eigentlich eine klare Regel, wann ein Buch ein Thriller ist?
Nette Grundidee
Die Grundidee von Der fünfte Tag ist ja nicht schlecht. Organisierte Kriminalität ist schon lange kein italienisches Phänomen mehr, Kinderpornographie wird durch das Internet auch weltweit betrieben und das Leute, die damit ihr Geld verdienen nicht zimperlich sind erscheint logisch und ist allgemein bekannt. Das Thema ist also sicher eine gute Grundlage für einen soliden Kriminalfall, aus dem man etwas machen kann.
Polizeichaos
Dann kommen allerdings die Klischees und davon dann gerne reichlich. Mein Vertrauen in die deutsche Polizei ist vielleicht nicht besonders riesig, aber wenn die niederländische Polizei so arbeitet, wie im Buch beschrieben, dann gute Nacht. Hier arbeitet jeder gegen jeden und die ermittelnden Beamten sind, milde ausgedrückt, allesamt nicht diensttauglich – weder psychisch noch physisch. Einigkeit herrscht lediglich dabei, dass man sich nicht gegenseitig informiert.
Tief aus der Klischeekiste
Der eine Beamte ist kokainsüchtig, der andere Beamte traumatisiert weil er versehentlich jemanden erschossen hatte (was aber wohl vertuscht wurde), dafür legt er sich jeden Morgen sein I-Ging (jeder gute Kommissar hat ja so seine Marotte). Eine Kollegin wird ziemlich übel gemobbt (natürlich auch von ihren Vorgesetzten) und wurde als Kind sexuell missbraucht – wie übrigens auch der Kollege, der gleich zu Beginn des Buches erschossen wird. Dafür denkt der Chef der Truppe nur in größeren, politischen Maßstäben, spielt die Kollegen gegeneinander aus und vertuscht, was nicht in seinen Plan passt. Dazu kommen dann noch kleinere oder größere Beziehungskatastrophen. Der Rest der Belegschaft ist bestenfalls desinteressiert.
Bitte nicht
Sollte mir jemals etwas passieren, bitte nicht in den Niederlanden. Aber ich gehe mal davon aus, das auch da ganz normal gearbeitet und nicht dilettantisch ermittelt wird, nicht so wie in diesem Buch – bitte nicht! Amsterdam, auf das ich mich ja eigentlich in dieser Geschichte gefreut hatte, dient bestenfalls als folkloristische Kulisse und taucht in den manchmal lustig anmutenden Straßennamen auf, spielt aber ansonsten keine Rolle.
Serienauftakt
Der Fünfte Tag ist der Auftaktroman zu einer mehrteiligen Serie – es besteht also durchaus noch Hoffnung, dass die nächsten Bände besser werden. Vielleicht versucht es Jake Woodhouse doch mit ein bisschen mehr Recherche, ein bisschen weniger Klischee und etwas mehr Liebe zu seinen Figuren, denn an sich fand ich seine Art zu schreiben gar nicht so schlecht, ebenso die Aufteilung in viele kleinere und fünf größere Kapitel, jedenfalls lässt sich das Buch schnell und flüssig lesen, wenn man sich nicht gerade darüber ärgert.
Mein Fazit:
Der fünfte Tag von Jake Woodhouse ist für Gelegenheits-Krimi-Leser sicherlich als Strandlektüre geeignet, für Fans dieses Genres viel zu vorhersehbar und platt, für Thriller-Fans nicht spannend genug und für eine Persiflage nicht bissig genug. Schade-
- Titel: Der fünfte Tag
- Originaltitel: After the Silence
- Autor: Jake Woodhouse
- Übersetzer/in: Norbert Jakober
- Verlag: Page&Turner
- Genre: Krimi/Thriller
- Erscheinungsjahr: 2015
- ISBN: 978-3-442-20437-3
- Form: Paperback, 448 Seiten
- Preis: 14,99 €