Der Eismann ist der erste Krimi von Silja Ukena. Ich hatte vor einiger Zeit darüber in der Rubrik „Miss Marples Krimi-Tipps“ bei WortGestalt gelesen und mir das Buch dann auch zeitnah besorgt. Ich bin ja immer mal auf der Suche nach neuen Krimiautoren – also Krimiautoren die ich noch nicht kenne ist vielleicht besser ausgedrückt – und da kam mir Der Eismann gerade recht.
Der Eismann
Silja Ukena
In seiner eher trägen Vorweihnachtsstimmung wird Hauptkommissar Bruno Kahn zu einem merkwürdigen Tatort gerufen. In einer Kleingartensiedlung wird ein Toter gefunden, der in der sibirischen Winterkälte nackt und an einen Stuhl gefesselt, erfroren ist. Es gibt keine Spuren, keine Hinweise auf den Täter oder das Motiv. Während Kahn und seine Kollegen noch ermitteln gibt es eine zweite Leiche. Eine ehemalige Opernsängerin stürzt aus ihrem Fenster und landet tot auf dem Gehweg. Schnell ist klar, dass es sich auch hier um Mord handelt und auch hier fehlt jeder brauchbare Hinweis, genauso wie ein Motiv. Zu allem Überfluss schießt sich die Presse auch noch auf diese Fälle ein – vor allem darauf, dass die Polizei unfähig sei, die Todesfälle zu lösen.
Es sah nicht gut aus. Ganz und gar nicht. In der Mitte des großen Raumes saß auf einem roten Holzstuhl die Leiche eines abgemagerten alten Mannes. Er war völlig nackt und mit groben Stricken an den Stuhl gefesselt.Der Eismann, S.15
Mein Eindruck:
Was man alles über seine Nachbarn weiß – oder eben auch nicht…
Die Protagonisten
Erfreulicherweise ist Hauptkommissar Bruno Kahn weder alkoholabhängig noch drogensüchtig, noch kämpft er stetig mit seiner Vergangenheit. Letztere klingt zwar immer wieder mal an, aber sie beeinträchtigt seine Arbeit nicht, höchstens sein nicht vorhandenes Privatleben. Er würde zwar gerne allein ermitteln, trotzdem bindet er sein Team ein und verschließt sich auch nicht vor deren Ideen. Alles in allem ist er ein sympathischer Mann, dessen Marotte seine Gedanken bei einem kurzen Fußmarsch zu sortieren, ich gut nachvollziehen kann. Ich finde auch, dass man beim Laufen wunderbar nachdenken kann. Kahns Kollegin Laura Conti ist ebenso sympathisch wie ihr Chef. Sie ist jung, frech, clever, manchmal ein bisschen vorlaut und flucht gerne auf Italienisch. Im Gegensatz zu Kahn hat sie eine große Familie und genießt das italienische Großfamilienprojekt.
Die Story
Der Plot von Der Eismann ist clever und verwirrend – aber nicht zu verwirrend, ungefähr nach der Hälfte des Buches hatte ich eine Ahnung worum es geht. Trotzdem hat mich das Ende dann doch ziemlich erschreckt. Das Teile der deutschen Vergangenheit noch immer präsent sind, war mir zwar irgendwie klar, aber ich habe nie darüber nachgedacht, welche Auswirkungen das bis heute haben könnte. Der Eismann hat mich nicht nur spannend unterhalten, sondern mich auch das eine oder andere Mal zum Nachdenken über die Vergangenheit angeregt.
Der Schreibstil
Auch hier hat mich Der Eismann positiv überrascht, jedenfalls im Vergleich zu einer ganzen Reihe Krimis die ich in der letzten Zeit gelesen habe. Silja Ukena hat einen angenehmen Schreibstil und die Fähigkeit authentische Dialoge zu Papier zu bringen. Trotz vieler unangenehmer Dinge die sie aus der Vergangenheit anspricht, wirkt sie nie belehrend auf mich, sondern schafft es das Ganze leicht lesbar in ihrer Geschichte unterzubringen. Es ist sicher schwierig, eine kleine Geschichtsstunde so in einem Krimi unterzubringen, dass ich mich als Leser weder belehrt noch gelangweilt fühle – diese Aufgabe hat Silja Ukena mit Bravour gelöst.
Mein Fazit:
Ein spannender Krimi, verknüpft mit einem kleinen Ausflug in die deutsche Geschichte und versehen mit (endlich mal wieder) ganz normalen Ermittlern – ich hoffe sehr, dass das nicht der einzige Fall für Kahn und Conti war. Eine ganz klare Leseempfehlung für alle, die gerne spannende und intelligent konstruierte Krimis lesen.
- Titel: Der Eismann
- Autor: Silja Ukena
- Verlag: Blanvalet
- Genre: Krimi
- Erscheinungsjahr: 2015
- ISBN: ISBN: 978-3-7645-0525-7
- Form: gebunden, 384 Seiten
- Preis: 19,99 €