Ihr tötet mich nicht verrät schon so einiges vom Verlauf im Klappentextes, zumindest so ungefähr, und man weiß, wie die Geschichte endet. Normalerweise ist das eigentlich nicht so mein Fall, schon vor Beginn eines Buches das Ende zu kennen – trotzdem hat mich genau dieser Klappentext neugierig gemacht.
Ihr tötet mich nicht
Shannon Kirk
Die 16jährige Lisa ist hochschwanger, als sie gekidnappt wird. Schnell stellt sie fest, dass es genau das ist, was die Entführer auf sie gebracht hat – das Baby in ihrem Bauch. Sie weiß auch, wenn das Baby erst mal auf der Welt ist, wird sie selber nutzlos für die Kidnapper sein und man wird sie töten. Allerdings haben sie die Rechnung ohne Lisa gemacht, denn die hat nur noch ein Ziel: Die Entführer werden weder das Baby bekommen, noch werden sie sie selbst töten – aber dafür wird sie sich für das rächen, was man ihr angetan hat.
Vielleicht hatten mir die Nährstoffe gefehlt, denn direkt nach dem Essen ging mir auf, dass ich noch über viele weitere Pluspunkte verfügte: Zeit, Geduld und unvergänglichen Hass. Ihr tötet mich nicht, S. 12
Mein Eindruck:
Starke Mädchen beeindrucken immer…
Zwei Sichtweisen
Ihr tötet mich nicht ist immer abwechselnd aus zwei verschiedenen Sichtweisen geschrieben. Die eine ist Lisas Sichtweise, die wahnsinnig akribisch in Gedanken alles auflistet, was ihr bei ihrer Flucht helfen kann. Die andere Sichtweise ist die, von Roger Lui, dem Ermittler, der eigentlich auf der Suche nach einem anderen entführten Mädchen, Dorothy M. Salucci, ist. Beide Sichtweisen unterscheiden sich nicht nur inhaltlich, sondern auch sprachlich, was ich ausgesprochen positiv fand.
Tough und cool
Lisas Gedanken zu verfolgen ist wirklich nicht immer einfach. Sie ist fast durchgehend tough und cool, wahnsinnig intelligent und logisch – also das Gegenteil von mir. Während des Lesens beschäftigt mich die ganze Zeit die Frage, ob wirklich jemand seine Gefühle an– und abschalten kann, wie mit einem Lichtschalter. Praktisch wäre es ja, oder? Trotzdem käme ich wahrscheinlich nie auf die Idee wie Lisa, all die kleinen Dinge, die sie in ihrer Umgebung findet, sinnvoll als Waffe einzusetzen.
Sympathieträger
Trotz dieser scheinbaren Gefühlskälte und der wahnsinnigen Logik wird Lisa mir tatsächlich von Seite zu Seite sympathischer. In all ihren Überlegungen fließen auch sehr viele Erinnerungen ein, die zeigen, dass sie durchaus ein ganz normaler Teenager war oder ist und sie oft mit ihren seltsamen Fähigkeiten aneckte. Ihre Entscheidung für die Schwangerschaft und für das Baby und nicht zuletzt ihre Entscheidung dem anderen entführten Mädchen zu helfen, sowie ihre Rachegelüste machten sie für mich einfach sehr menschlich.
Die Ermittler
Der Ermittler Roger Lui und seine Partnerin Lola spielten zwar auch eine große Rolle bei der Auffindung und Befreiung von Lisa, aber für mich hatten sie eher einen untergeordneten Part. Nichts desto trotz gibt es auch über die beiden viel zu erfahren, was ebenfalls in Form von Erinnerungen bei Roger dargestellt wird. Vor allem Lola, die eigentlich gar nicht Lola heißt, hatte einige recht skurrile Angewohnheiten. Aber ich fand die beiden halt etwas weniger wichtig und weniger präsent.
Nach dem Ende
Was nach dem Schließen des Buchdeckels bleibt, ist die Frage, darf mir jemand sympathisch sein, der nicht nur imaginäre Rachepläne schmiedet, sondern sie auch ausführt? Jemand, der diese Rache auch noch nach vielen Jahren hegt und pflegt? Macht das nicht denjenigen zu genau so einem Verbrecher, wie der Täter es war? Was sagt das über mich, dass ich denke: Ja, ich gönne ihr ihre Rache?
Mein Fazit:
Ihr tötet mich nicht ist ein wahnsinnig spannendes Buch, sehr gut geschrieben und ein absoluter Pageturner. Neben all der Spannung lässt es mich dann auch noch ein bisschen an meinem eigenen Rechtsempfinden zweifeln.
- Titel: Ihr tötet mich nicht
- Originaltitel: Method 15/33
- Autor: Shannon Kirk
- Übersetzer/in: Verena Kilchling
- Verlag: Goldmann Verlag
- Genre: Thriller
- Erscheinungsjahr: 2016
- ISBN: 978-3-442-48433-1
- Form: TB, 352 Seiten
- Preis: 9,99 €