Krimi/Thriller
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[Rezension] Zeit der Schuld

Zeit der Schuld

Zeit der Schuld von Gianrico Carofiglio ist bereits Teil sechs in der Reihe um den unorthodoxen Anwalt Guido Guerrieri. Die Geschichten dieser Reihe sind immer eher nachdenklich und ein bisschen anders, es ist für mich als Leserin nicht immer einfach zwischen Recht und Unrecht zu unterscheiden. Wenn man bedenkt, dass der Autor dieser Reihe lange als Anti-Mafia-Staatsanwalt in seiner Heimatstadt Bari gearbeitet hat bekommt man eine Ahnung, woher diese Attitüde kommt. Auch in seinen anderen Büchern ist das zu merken.

Zeit der Schuld

Guido Guerrieri 6

Gianrico Carofiglio

Lorenza Delle Foglia war in ihrer Jugend eine wahre Schönheit, sie war weltgewandt, sie war klug und sie war charmant. Sie war einfach der Schwarm aller Männer und auch der italienischen Anwalt Guido Guerrieri war, lange bevor er Anwalt wurde, dieser Schönheit verfallen. Jetzt, viele Jahre später, sitzt vor ihm eine Frau, die zwar denselben Namen trägt wie sein damaliger Schwarm aber sonst keinerlei Ähnlichkeiten mit dem strahlenden Bild in seiner Erinnerung hat. Sie bittet ihn um Hilfe für ihren Sohn Jacopo, der ihren Ausführungen zufolge, unschuldig hinter Gittern sitzt. Ohne lange nachzudenken sagt Guerrieri zu.

Mit der üblichen, fast ein wenig feierlichen Gebärde blätterte Pasquale durch seinen unvermeidlichen Spiralblock. Wir alle haben etwas an uns, das typisch für uns ist oder das wir, sofern es uns bewusst ist, als für uns typisch empfinden. Bei Pasquale ist es der Notizblock.   Zeit der Schuld, S. 5

Mein Eindruck:

Erinnerungen können trügerisch sein

Zahn der Zeit

Ziemlich ernüchtert stellt Guido Guerrieri fest, dass die Zeit keineswegs spurlos an der schönen Lorenza Delle Foglia vorbeigegangen ist. In seiner Erinnerung hat er sie beinahe idealisiert und diese müde und irgendwie abgestumpfte Frau, die hier vor ihm sitzt passt so gar nicht zu diesem Idealbild Nachdem er kurz nachgerechnet hat, das besagte Jacopo nicht sein Sohn sein kann, sagt er ihr zu ihn zu verteidigen.

Zufälle

Tatsächlich versucht er sein Bestes um den jungen Mann von der Mordanklage zu befreien, aber das erweist sich als gar nicht so einfach. Es gibt so viele Zufälle in dem Tatgeschehen, dass ihm zur Last gelegt wird, das Guerrieri seine Schuld ausschließt. Andererseits macht das eben auch die Beweislage für den Ankläger erdrückend und bald muss sich Guerrieri dann doch fragen, ob seine nostalgisches Gefühle für Lorenza nicht auch seine Urteilskraft beeinträchtigen.

Moral

Zusätzlich zu dem zweifellos spannenden Fall geht es hier auch im weitesten Sinn um das Verhältnis zwischen Ethik, Recht und Gerechtigkeit. Das hört sich hier recht trocken und theoretisch an, aber Carofiglio schafft es, diese Dinge wirklich sehr fesselnd und durchaus auch faszinierend zu schildern. Anhand der persönliche Verstrickungen des Anwaltes Guerrieri und deren Schilderungen werde ich als Leserin recht unterhaltsam in diesen Widerstreit eingebunden und quasi gezwungen, mir meine eigenen Gedanken zu diesem Thema zu machen.

Wunschvorstellungen

Nach Ansicht des Anwalts Guido Guerrieri (oder Autors Gianrico Carofiglio)  muss ein Richter stets darauf achten, dass aus realen Menschen vor Gericht nicht einfach nur Aktennummern und Fallakten werden. Er muss Konflikte zwischen Sichtweisen, Werten und Weltbildern nach bestem Wissen und Gewissen lösen. Keine einfache Sache und nach meinen eigenen Erfahrungen haben unsere Gerichte da noch einen gewissen Nachholbedarf.

Ende

Das Ende der Geschichte ist recht überraschend – jedenfalls für mich – aber im Grunde ist die Geschichte hier auch gar nicht so wirklich wichtig. Es geht eher um das bereits geschilderte moralische Dilemma von Anwälten und Richtern. Das war alles recht spannend und unterhaltsam geschildert, hatte aber für meinen Geschmack etwas zu viel erhobenen Zeigefinger im Gepäck.

Mein Fazit:

Zeit der Schuld von Gianrico Carofiglio ist ein interessantes Werk über Moral, Schuld, Unschuld, Anstand, Werte, Recht und Gerechtigkeit  und wie man das alles in Einklang bringen kann.

Buchinfos
  •   Titel: Zeit der Schuld
  •   Originaltitel: La Misura Del Tempo
  •   Autor/in: Gianrico Carofiglio
  •   Übersetzung: Verena von Koskull
  •   Verlag: Goldmann Verlag
  •   Genre: Roman
  •   Erscheinungsjahr: 2021
  •   ISBN: 978-3-442-31619-9
  •   Form: HC,  304 Seiten
  •   Preis: 20,00 €
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Reiheninfos
  • Reise in die Nacht
  • In freiem Fall
  • Das Gesetz der Ehre
  • In ihrer dunkelsten Stunde
  • Eine Frage der Würde
  • Zeit der Schuld  

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