Schwarzes Netz von Val McDermid habe ich seinerzeit wirklich heiß ersehnt. Schließlich wollte ich unbedingt wissen, wie es nach Eiszeit mit meinen beiden Lieblingsermittlern weitergeht. Ich mag in der Hill & Jordan Reihe genau das, was ich in anderen Thrillern meist gar nicht leiden kann – die persönliche Beziehung zwischen den Ermittlern. Aber vielleicht liegt das daran, dass diese spezielle Beziehung gar keine wirkliche Beziehung ist?
Schwarzes Netz
Im englischen Bradfield sieht sich die Polizei mit einer Serie mysteriöser Selbstmorde konfrontiert. Frauen, die mitten im Leben stehen, stark sind und immer wieder bestimmte, oft provokante Position beziehen, imitieren die Selbstmorde berühmter Schriftstellerinnen. Virginia Woolf, Sylvia Plath oder Anne Sexton werden hier als morbides Vorbild genommen und ihre Werke finden sich jeweils in der Nähe der Toten. Im Internet haben sie mit ihrere Meinung oft Shitstorms geerntet – konnten sie das wirklich nicht mehr verkraften? Oder ist hier ein Serienkiller am Werk, dessen kaltblütige Manipulationen weitere Opfer fordert?
Am besten waren Wochenenden. Da konnte er es leicht einrichten, nicht arbeiten zu müssen. So war es einfacher, die Frauen zu beobachten, die ihn interessierten. Die meisten gingen an diesen Tagen ebenfalls nicht zur Arbeit, was ihm Gelegenheit gab, ihre Gewohnheiten zu studieren und sich zu überlegen, wie er sie am besten umbringen konnte. Schwarzes Netz, S.9
Mein Eindruck:
Ich liebe einfach die Spannung …
Fragwürdiger Abstand
Nach den sehr turbulenten Ereignissen in Vergeltung und Eiszeit hat sich Carol Jordan ins ländliche Bradfield zurückgezogen um das Eigentum ihres verstorbenen Bruders zu renovieren. Da einzige was für sie neben der Renovierung zählt, ist der Alkohol. Sie trinkt sehr viel, sehr regelmäßig und so war es nur eine Frage der Zeit, bis sie ein Verfahren wegen Alkohol am Steuer am Hals hatte. In ihrer Not wendet sie sich an Tony Hill – er ist der Einzige, an den sie sich in dieser Sache wenden kann.
Jagdhunde
Aber Tony wäre nicht Tony wenn er Carol nicht aus ihrer Sucht befreien wollte. Um sie auf andere Gedanken zu bringen, erzählt er ihr von den seltsamen Selbstmorden und äußert Zweifel an der Suizidtheorie. Carol funktioniert tatsächlich ein bisschen wie ein gut abgerichteter Jagdhund – hat sie eine Fährte gewittert, dann lässt sie nicht mehr davon ab. Als sich ihr die Möglichkeit bietet, aus ihrem Ruhestand zurückzukehren und an dem Fall zu arbeiten nimmt die die Gelegenheit wahr.
Cybermobbing
Anonymer, gewalttätiger Hass ist das zentrales Motiv in Schwarzes Netz. Cybermobbing klingt eigentlich fast harmlos, stürzt die Opfer aber in kaum nachzuvollziehende Nöte und Ängste. Einige sehen irgendwann wirklich nur noch den Suizid als Ausweg und genau diese Tatsache nutzt der Serienkiller dieses Falles als Tarnung. Der Mörder verabscheut selbstbewusste, aktive Frauen. Er stalkt sie eine Weile, inszeniert eine Schmutzkampagne gegen sie, ermordet sie und tarnt diesen Mord dann als Selbstmord um ihnen nicht auch noch Mordermittlung als Bühne zu bieten.
Online – Offline
Tony Hill ist jedoch darauf trainiert, Muster zu erkennen und das Grauen hinter menschlichem Verhalten zu entschlüsseln und er findet die fehlende Verbindung. Die Grenzen zwischen Offline und Online sind verschwommen und der Täter stößt mich als Leser immer wieder mit der Nase darauf, wie einfach es jemand hat, der es darauf anlegt, diese beiden Welten für seine Zwecke zu verbunden. Aber auch, wie fragwürdige Verhaltensweisen im Online-Leben auch immer mehr auf unser aller reales Leben übergreifen wird hier eindrücklich dargestellt. Das Team um Carol Jordan spürt bei ihren Recherchen einige der schlimmsten Täter dieser Szene auf und löst am Ende auch diesen Fall.
Zusammenwachsen
Während der Arbeit an diesem Fall wächst das neue Team, mit zum Teil altbekannten Kollegen wie z.B. DS Paula McIntyre oder Stacey Chen, wieder gut zusammen. Tony und Carol nähern sich auch wieder an, aber eben auf eine ganz besondere Art, die ich sehr schätze. Leser wie ich, die mit der Serie vertraut sind, werden all wirklich mögen und sich gleich wieder zu Hause fühlen. Neueinsteiger sind mit diesem Band weniger gut beraten, weil man vieles nicht versteht, wenn man die Vorgängerbände nicht kennt und nicht weiß, was allen Beteiligten im Laufe der Zeit zugestoßen ist.
Mein Fazit:
Schwarzes Netz von Val McDermid ist der neunte Band dieser Reihe und er hat mich genauso begeistert, wie der allererste Band. Der Fall ist wieder sehr nah an der Realität und extrem spannend.Auch die persönlichen Belange des Teams werden mir einfach nicht langweilig und ich freu mich schon wieder auf den nächsten Band.
- Titel: Schwarzes Netz
- Originaltitel: Splinter the Silence
- Autor/in: Val McDermid
- Übersetzer/in: Doris Styron
- Verlag: Droemer Knaur Verlag
- Genre: Thriller
- Erscheinungsjahr: 2017
- ISBN: 978-3-426-51967-7
- Form: TB, 464 Seiten
- Preis: 9,99 €